Wer denkt, für Frauenrechte zu kämpfen sei ein Trend der Neuzeit, hat sich getäuscht. Sprachliche Sichtbarkeit von Frauen in Dokumenten und Formularen – dafür kämpft Marlies Krämer schon seit fast 30 Jahren. Ein Film erzählt jetzt ihre Geschichte.
Mit ihren 84 Jahren beweist die Saarländerin Marlies Krämer immer noch Eins: Unermüdlichen Kampfgeist. Die Kundin der Sparkasse im saarländischen Sulzbach wollte in Formularen nicht länger als „Kunde“ und „Kontoinhaber“ angesprochen werden. „Damit sind wir sprachlich ausgegrenzt – so als gäbe es uns gar nicht“, erklärt Kundin Krämer. Die rein männliche Form sei Ausdruck der Unterdrückung der Frau, so die 84-Jährige. Mit ihrem Willen nach Gleichberechtigung ging sie durch alle Instanzen – und machte damit Schlagzeilen in aller Welt. In einer mexikanischen Zeitung beispielweise erschien ein Interview mit der Rentnerin aus dem saarländischen Sulzbach. 2018 hatten die Richter*innen die Klage von Marlies Krämer abgewiesen.
„Die Kundin“ – Eine Femmage an Marlies Krämer
„Die Kundin“: So lautet der Titel des Films, den Regisseur Camilo Berstecher Barrero als „Femmage“ an Marlies Krämer gedreht hat.
Es ist der Abschlussfilm des deutsch-kolumbianischen Absolventen der Hochschule der Künste Saar, der seine Heimat aus politischen Gründen verließ. Der Filmemacher hatte Marlies Krämer in einer Maischberger-Sendung über gendergerechte Sprache gesehen, in der sie mit Bushido stritt. Und er war sprachlos.
Mindestens 500 Briefe schrieb Krämer in ihrer Küche an Frauenbeauftragte, ans Innenministerium und ans Kanzleramt, um eine „Falschaussage“ in deutschen Personalausweisen zu berichtigen. „Der Inhaber dieses Passes ist Deutscher“. 1997 beschloss der Bundestag nach jahrelangem Krämer‘schem Dauerfeuer die „Parallelformulierung“: „Unterschrift der Inhaberin/des Inhabers“. Oder die Sturmtiefs, die immer weiblich waren, bis Marlies auf den Plan trat. Dank ihr sind Hochs und Tiefs inzwischen quotiert.
1972 fiel der Startschuss für den Feldzug der Marlies Krämer. Als ihr Mann damals starb, stand Marlies allein und ohne Ausbildung mit vier Kindern da. Vorher hat sie ein Leben nach dem Motto „Saubere Fenster sind das Spiegelbilder einer guten Hausfrau“ gelebt. Damit war es aber nach dem Tod ihres Mannes vorbei. Krämer wurde zur Feministin. Sie musste ihre Kinder großziehen und folgte der Frauenbewegung. Sohn Guido, der im Film ausführlich zu Wort kommt, unterstützt seine umtriebige Mutter heute, wo er kann. Die will weitermachen, bis sie eine „Kundin“ sein darf. Nächste Etappe: der Europäische Gerichtshof.
Film-Streaming
„Die Kundin“ läuft noch bis 23. Mai beim DOK.fest München. Hier kann er gestreamt werden.
Am 20. Mai um 16 Uhr findet eine digitale Podiumsdiskussion statt. „Frau Dich *! Wem gehört die deutsche Sprache?“ Die Diskussion hat hier gestreamt werden.