Es gibt schöne Filme, die einfach nur schrecklich traurig sind. Dieser ist so ein Film…
-
play_arrow
Streaming Tipp: Pieces of a Woman Nico
Zwei Brückenpfeiler sind schon fertig. Jetzt muss die Straße über dem Fluss nur noch zusammenwachsen. Bauarbeiter Shawn will, dass seine Tochter ihre ersten Schritte über genau diese Brücke macht, die er baut. Das Gefühl im Film ist noch voller Zauber. Der Zuschauer weiß es zwar, will es aber nicht glauben: völlig ausgeschlossen, dass das Kind im Bauch von Shawns Frau Martha nicht überleben wird.
Die feiert ihren Ausstand bei der Arbeit, das Kinderzimmer ist fertig, es kann jetzt wirklich nichts mehr schief gehen. Vielleicht hat man sich auch geirrt: ist es nicht doch ein Friede-Freude-Eierkuchen-Film?
Für die Szene die folgt hat der Film „Pieces of a Woman“ eigentlich einen Oskar verdient. Schauspielerin Vanessa Kirby liegt als Martha in den Wehen. 23 Filmminuten lang ohne einen einzigen Schnitt, die Kamera existiert eigentlich nicht. Von Zimmer zu Zimmer wird die Geburt gezeigt. Schön ist sie nicht. Hochglanz? Fehlanzeige. Aber man ist sicher, das soll alles so sein. Es wird bestimmt gut ausgehen. Auch dann, als die Hebamme für die Hausgeburt nicht kommen kann. Sie schickt eine Kollegin, man vertraut auch ihr sofort. Martha wird mit Sicherheit dieses Kind bekommen. Was soll schon schief gehen?
Bei jeder Untersuchung erwartet man Blut am Handschuh der Hebamme. Aber alles ist gut. Erst am Ende gibt es Schwierigkeiten, Martha muss jetzt schnell das Kind auf die Welt bringen. Der Krankenwagen ist schon unterwegs. Bestimmt geht alles gut. Und dann… das Baby ist da! Es schreit, die Tränen laufen nur so, man ist sich sicher: der Klappentext war falsch! Das ist ein Film über frisches Familienglück. Und dann hört das Baby auf zu atmen…
Wir begleiten Martha über die nächsten Monate hinweg. Unaufgeregt, aber doch wie im Rausch, folgen wir durch eine Taubheit, die sie nicht abschütteln kann. Durch die Frage, was mit dem Körper des Kindes passieren soll, durch die Verzweiflung ihres Mannes und ihre Unfähigkeit, mit ihm Umzugehen. Fremde sagen, lieber Plattitüden als nichts zu sagen. Marthas Familie weiß selbst nicht, wohin mit dem Schmerz. Will aber weiterziehen.
Am Ende des Films ist die Brücke fertig. Den Rest müssen sie selbst herausfinden…
Der ganze Film tut zwar weh, ist aber ein außergewöhnliches Meisterwerk über die Realität einer Frau, die das aller Schlimmste erleben musste, was man erleben kann.
Deshalb eine absolute Empfehlung „Pieces of a Woman“ von unserer anna.Fm Reporterin Lara, zur Zeit auf Netflix zum hoffen, aber auch zum trauern.